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Reisevertrag: Rail & Fly – Keine Entschädigung bei verpasstem Flug wegen Verspätung der Deutschen Bahn

 AG Frankfurt a.M., Urteil vom 24.05.2018

Sachverhalt: 

Am 25.11.2016 buchte die Klägerin für sich und für den Kläger bei der Beklagten eine Flugreise nach Phuket/Thailand für den Zeitraum vom 13. bis zum 26.01.2017 zu einem Gesamtreisepreis von 2.748 €. Enthalten war ein sogenanntes Rail & Fly-Ticket der Deutschen Bahn jeweils am Hin- und Rückflugtag für eine An- bzw. Rückreise zum/vom Flughafen Köln/Bonn.

 

Die Beklagte empfiehlt ihren Kunden, bei internationalen Flügen spätestens zwei Stunden vor Abflug einzuchecken. Hinsichtlich der Nutzung des Rail & Fly-Tickets empfiehlt die Beklagte ihren Kunden, wegen möglicher Verspätungen im Zugverkehr eine Zugverbindung zu wählen, die laut Fahrplan mindestens drei Stunden vor Abflug eine Ankunft am Abfertigungsschalter des Abflughafens gewährleistet.

 

Der ursprünglich für den 13.01.2017 um 11:00 Uhr terminierte Abflug von Köln/Bonn nach Phuket wurde auf 14:55 Uhr verschoben, was die Beklagte den Klägern bereits eine Woche vor der geplanten Abreise mitteilte.

 

Die Kläger nutzten an jenem Tag das Rail & Fly-Ticket für die Anreise zum Flughafen und fanden sich zur planmäßigen Abfahrt des Zuges ICE 726 um 9:55 Uhr am Hauptbahnhof in Würzburg ein. Planmäßige Ankunft des Zuges am Bahnhof Siegburg/Bonn wäre um 12:10 Uhr gewesen. Der Zug verspätete sich jedoch sowohl hinsichtlich seiner Abfahrt als auch auf der Strecke und traf in Siegburg/Bonn erst mit 103 Minuten Verspätung um 13:53 Uhr ein. Die Klägerin nahm diesbezüglich bereits während der Zugfahrt telefonisch Kontakt mit der Beklagten auf. Nach Ankunft der Kläger am Bahnhof Siegburg/Bonn begaben diese sich von dort mit dem Taxi zum Flughafen Köln/Bonn, wo der Check in-Schalter für den gebuchten Flug nach Phuket bei Ankunft der Kläger dort jedoch bereits geschlossen war.

 

Die Kläger buchten daraufhin am Flughafen Köln/Bonn einen Ersatzflug zum Preis von 609,50 € pro Person und übernachteten bis zu dessen Abflug in einem Hotel in Frankfurt am Main, wofür sie Kosten von 84,74 € pro Person aufwendeten. Sie erreichten ihr Urlaubsziel am Abend des 15.01.2017.

 

Die Kläger begehren von der Beklagten Erstattung der vorgenannten Kosten sowie Schadensersatz wegen entgangener Urlaubsfreude im Umfang von zwei Reisetagen. 

 

Entscheidung: 

Nach Auffassung des AG Frankfurt a.M. können die Kläger weder Aufwendungs- noch Schadensersatz aus §§ 651 c Abs. 3, 651 f Abs. 2 BGB in Verbindung mit dem zwischen den Parteien geschlossenen Reisevertrag von der Beklagten verlangen.

 

Zwar scheiterten die Ansprüche der Kläger nicht an einer Versäumung der einmonatigen Aus- schlussfrist zur Anspruchsanmeldung gemäß § 651 g Abs. 1 BGB. Auch habe die Beklagte für die Zugverspätung dem Grunde nach einzustehen. Maßgeblich ist nach der Rechtsprechung des BGH insoweit, ob der Reiseveranstalter die Zugfahrt als eigene Leistung angeboten hat (BGH, Urt. v. 28.10.2010 – Xa ZR 46/10). Dafür spricht vorliegend insbesondere, dass das Rail & Fly-Ticket auf der Buchungsbestätigung als „inklusive“ bezeichnet wird und dass die Beklagte in ihren Kundenhinweisen betreffend das Rail & Fly-Ticket ausführt: „Mit diesem Angebot bieten wir Ihnen in Kooperation mit der Deutschen Bahn AG eine bequeme und stressfreie Anreise.“

 

Ansprüche der Kläger sind aber gemäß bzw. entsprechend § 254 Abs. 1 BGB deshalb ausge- schlossen, weil diesen eine Verletzung der ihnen obliegenden Mitwirkungsobliegenheiten zur Last fällt, welche in entscheidender Weise mitursächlich für das Verpassen des ursprünglich gebuchten Fluges war.

 

Einem Reisenden obliegt bei der Durchführung einer Reise grundsätzlich Mitwirkungsoblie- genheiten, wie etwa bei Flugreisen die Pflicht, rechtzeitig am Flughafen zur Abfertigung zu erscheinen und bei vereinbarter Bahnanreise die Pflicht, die Zugverbindung so zu planen, dass er rechtzeitig am Flughafen erscheinen kann. Diese vertraglichen Nebenpflichten würden bereits konkludent mit Abschluss des Reisevertrages vereinbart und durch nachträglich bis zum Reiseantritt gewährte Informationen des Reiseveranstalters inhaltlich konkretisiert. Beachte der Reisende diese Informationen nicht, läuft er nach Auffassung des AG Frankfurt a.M. Gefahr, seine Mitwirkungsobliegenheiten zu verletzen und die Durchführung der Reise ernsthaft zu gefährden. Es liege in der Risikosphäre des Reisenden, wenn er solche Hinweise nicht beachte (so bereits LG Frankfurt am Main, Urteil vom 07.11.2017, Az. 2-24 S 40/17).

 

Im vorliegenden Fall habe die Beklagte hinsichtlich der von den Klägern gewählten Bahnanreise zum Flughafen empfohlen, eine Zugverbindung zu wählen, die laut Fahrplan mindestens drei Stunden vor Abflug eine Ankunft am Abfertigungsschalter des Abflughafens gewährleistet. Dieser Hinweis war auch eindeutig und steht insbesondere nicht im Widerspruch zu der weiteren Empfehlung der Beklagten, bei internationalen Flügen spätestens zwei Stunden vor Abflug einzuchecken. Letzteres hat ersichtlich lediglich den Check in-Vorgang als solchen zum Gegenstand, nicht aber die Bahnanreise.

 

Die Kläger haben diese Empfehlung missachtet, in dem sie eine Zugverbindung wählten, welche auch planmäßig lediglich zwei Stunden und 45 Minuten vor Abflug eine Ankunft auch lediglich am Bahnhof Siegburg/Bonn zur Folge gehabt hätte. Hinzu kommt noch der erforderliche Transfer von dort zum Flughafen Köln/Bonn, für welchen nach den eigenen Bekundungen der Kläger noch eine Taxifahrt von bis zu zehn Minuten zu veranschlagen war. Die damit einhergehende Obliegenheitsverletzung der Kläger war auch entscheidend für das Verpassen des Fluges. Die Klägerin bekundete im Rahmen ihrer Anhörung, dass der Check in-Schalter lediglich fünf Minuten vor ihrer Ankunft dort geschlossen worden sei. Daraus folgt, dass die Kläger – hätten sie eine Zugverbindung gewählt, welche wie empfohlen mit einer etwa 25 Minuten früheren planmäßigen Ankunft am Flughafen einher gegangen wäre – trotz einer Zugverspätung des streitgegenständlichen Umfangs ihren ursprünglich gebuchten Flug noch erreicht hätten.

 

Diese danach im konkreten Fall entscheidende Verletzung ihrer Mitwirkungsobliegenheiten hat nach Auffassung des erkennenden Gerichts zur Folge, dass Ansprüche der Kläger insgesamt ausgeschlossen sind und nicht etwa lediglich ein prozentualer Abzug vorzunehmen ist (so bereits so bereits LG Frankfurt am Main, Urteil vom 07.11.2017, Az. 2-24 S 40/17).


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