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BGB-AT: Sittenwidrigkeit von Verträgen über Schamanismus

OLG München, Verhandlung am 10.12.2019 

Das OLG München hat sich am 10.12.2019 mit einer Rechnung über 25.000 Euro für ein Schamanen-Ritual befasst. Das LG Traunstein hatte die Klage auf Rückzahlung der gesamten Anzahlung von 12.000 Euro in erster Instanz abwiesen. Das OLG München erachtete den Vertrag als hingegen als sittenwidrig. Es empfahl der Schamanin "dringend", einem Vergleich zuzustimmen und 7.500 Euro aus der Anzahlung zurückzugeben, was letztlich auch angenommen wurde.  

 

Sachverhalt: 

Warum sie den Vertrag unterschrieben hat, wisse sie heute auch nicht mehr, führte die geschädigte Klägerin aus. "Aber ich hatte das Gefühl, dass ich das machen muss, weil mir sonst keiner helfen kann." Im Jahr 2018 habe sie sich an die Schamanin gewandt. Eine Bekannte habe ihr von der Frau erzählt. Nach vier Autounfällen habe sie jahrelang unter starken Schmerzen gelitten. "Du hast 30 Jahre Schmerzen und 30 Jahre jemanden gesucht, der dir sagt, was du hast", beschreibt sie ihre Situation. Die Schamanin habe dann davon gesprochen, dass sie "besessen" sei. Ein Schamanen-Ritual könne helfen. 25.000 Euro verlangte die Beklagte Schamanin dafür. Die 54-Jährige war erst abgeschreckt, bezahlte die Anzahlung von 12.500 Euro dann aber in bar.

 

Als sie dann noch einmal mit ihrer Bekannten gesprochen habe, habe sie aber Zweifel bekommen. Kurz bevor es losgehen sollte, sagte sie das Ritual per Whatsapp ab und forderte die 12.500 Euro zurück. Doch die Schamanin wollte das Geld behalten. Sie gab an, selbst Ausgaben für das geplante Ritual gehabt zu haben und bestreitet, von "Besetzungen" gesprochen zu haben. Die Frau sei den Vertrag aus freien Stücke eingegangen. Die 54-Jährige klagte auf Rückzahlung. 

 

Was genau die Beklagte für 25.000 Euro als Gegenleistung erbracht hätte, bleibt unklar. Für einen Tag sei das Ritual angesetzt gewesen, sagt die Klägerin. Als Ort sei eine leerstehende Fabrikhalle irgendwo am Chiemsee angegeben gewesen. Ein Nachthemd habe sie mitbringen sollen. Die Schamanin selbst beruft sich auf die Schweigepflicht und gibt an, die Rituale seien stets individualisiert.

 

Entscheidung:

Das OLG München erachtet den Vertrag als "sittenwidrig". Das Gericht bezieht sich in seiner Einschätzung der Rechtslage vor allem auf ein Urteil des BGH aus dem Jahr 2011 (Urt. v. 13.01.2011 Az. III ZR 87/10), wonach die Hürden für eine Sittenwidrigkeit bei Verträgen um esoterische Leistungen wie das Kartenlegen nicht zu hoch gelegt werden dürfen. Der Rückforderungsanspruch folgt dann aus Bereicherungsrecht, § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB.

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