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Kaufrecht: Sachmangel bei Pferden

BGH, Urt. v. 30.10.2019, Az. VIII ZR 69/18

Sachverhalt: 

Die klagende Pferdekäuferin hatte im November 2013 einen 2005 geborenen Quarterhorse-Wallach vom beklagten Verkäufer erworben. Der Kaufpreis belief sich auf 17.000 Euro, bei der von einem Tierarzt vorgenommenen Ankaufsuntersuchung wurden keine gesundheitlichen Mängel festgestellt. Im März 2014 fielen bei einer tierärztlichen Untersuchung dann Frakturen an der Rippe des Pferdes auf. Ein Sachverständiger konnte nicht ausschließen, dass die Rippenbrüche nicht schon beim Kauf vorlagen. Er hielt es auch für möglich, dass sie zum Kaufzeitpunkt bereits abgeheilt waren, dann aber beim Hochsteigen im Paddock "reaktiviert" worden seien. Die Käuferin erklärte daraufhin den Rücktritt vom Kaufvertrag.

 

Das mit dem Fall erstinstanzlich befasste OLG Karlsruhe hielt ihren Rücktritt für wirksam. Das Pferd weise nicht die bei einem Reitpferd übliche Beschaffenheit auf, die der Käufer erwarten könne, so das OLG. Ob die Verletzung folgenlos ausgeheilt sei, hielt das OLG nicht für entscheidungserheblich. Allein dass das verkaufte Pferd eine erhebliche Verletzung erlitten habe, stelle einen Sachmangel im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB dar.

 

Entscheidung:

Auf die Revision des Verkäufers folgte der BGH der Auffassung des OLG Karlsruhe nicht: "Die Ansicht des Berufungsgerichts, vollständig ausgeheilte Rippenfrakturen eines als Reittier verkauften Pferdes seien auch ohne eine anderslautende Beschaffenheitsvereinbarung grundsätzlich geeignet, einen Sachmangel zu begründen, beruht auf revisionsrechtlich beachtlichen Rechtsfehlern".

 

Sofern keine anderslautende Beschaffenheitsvereinbarung getroffen werde, habe der Verkäufer eines Tieres laut BGH lediglich dafür einzustehen, dass das Tier bei Gefahrübergang nicht krank ist und sich auch nicht in einem sonstwie vertragswidrigen Zustand befindet. Der Käufer eines lebenden Tieres könne jedoch redlicherweise nicht erwarten, dass er auch ohne eine besondere (Beschaffenheits-)Vereinbarung ein Tier mit "idealen" Anlagen erhält. Vielmehr müsse er im Regelfall damit rechnen, dass das von ihm erworbene Tier in der einen oder anderen Hinsicht physiologische Abweichungen vom Idealzustand aufweist, wie sie für Lebewesen nicht ungewöhnlich seien (vgl. bereits BGH, Urt. v. 18.10.2017, Az. VIII ZR 32/16).

 

Ohne es ausdrücklich anzusprechen, habe das OLG ein Tier mit einer ausgeheilten Fraktur letztlich wie ein als unfallfrei verkauftes Kraftfahrzeug mit einem vollständig und fachgerecht reparierten Unfallschaden behandelt, so der BGH. Für eine Übertragung der Rechtsprechung zur Unfallwageneigenschaft von Kraftfahrzeugen auf Tiere sah der Senat aber keinen Anlass. Die Verletzung eines Tieres könne nicht mit einem Schaden an einem Kraftwagen gleichgestellt werden.

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